Offener Brief zum Haushalt 2024

Position des Stadtjugendrings Erftstadt

In den letzten Jahren ist die finanzielle Ausstattung der Jugendarbeit der Stadt Erftstadt auf extreme Weise hinter den Durchschnitt im Land NRW zurückgefallen. Die zu geringe personelle Ausstattung wurde auch von einer unabhängigen Beratungsfirma (IMAKA) bestätigt. Von den freien Trägern im Jugendhilfeausschuss wurde dies immer wieder angemahnt. Von der Politik und der Verwaltung wurde angekündigt, diesen Missstand zu beheben. Tatsächlich ist dies bislang nicht geschehen. 

In den Plänen für den neuen Haushalt der Stadt Erftstadt können wir nun sehen, dass ausschließlich im Jugendbereich gespart werden soll. Deutliches Zeichen dafür ist der Plan den Jugendtreff in Lechenich zu schließen. Ein Ort, der von Teilen der Politik bewusst als großzügiges Jugendzentrum mit geringen Teilnehmenden genannt wird. Der Treff ist trotz der finanziell geringen Ausstattung mit ca. 30 Stammbesuchern jedoch durchaus erfolgreich. Darüber hinaus fallen bald in Lechenich zwei Grillhütten weg.  

Wir, ehrenamtliche und hauptamtliche Akteure, die regelmäßig mit und für Kinder und Jugendliche engagiert sind, sind entsetzt, dass der Haushalt ausgerechnet über die ohnehin finanziell schlecht ausgestattete Jugendarbeit gerettet werden soll. Der Stadtjugendring, Vertreter der in der freien Jugendarbeit tätigen Vereine in Erftstadt, lehnt die Pläne von Rat und Verwaltung entschieden ab.

Im Jugendhilfeausschuss (JHA) konnten wir sehen, dass die Stadt seit Jahren ihre Aufgaben im Jugendbereich nicht mehr ausreichend wahrnimmt. Die von der Politik verabschiedeten Ziele im Kinderjugendförderplan für die Jahre 2021 bis 2025 wurde zu 73 Prozent nicht oder noch nicht umgesetzt bzw. abgeschlossen. Eine Umsetzung vieler Ziele bis ins Jahr 2025 darf stark angezweifelt werden.

An den Sparplänen im Bereich der städtischen Jugendarbeit wollten im letzten JHA nur die Fraktionen von CDU und FDP festhalten. Die Mehrheit im Rat und die Verwaltung ignoriert damit unserer Meinung nach aktuelle gesellschaftliche Prozesse und den immer höher werdenden Beratungsbedarf von Kindern und Jugendlichen.

Schon in der Jugendumfrage, die freie Träger und städtische Jugendhilfeplanung im Jahr 2016 durchgeführt haben, sagten 64 % der Befragten in Erftstadt, dass sie keinen Ansprechpartner kennen, wenn sie Sorgen haben. Die Zahl dürfte heute, trotz des hohen Engagements der Sozialarbeiter in Erftstadt, sogar noch höher ausfallen.

Teile der Politik und der Verwaltung haben im JHA immer wieder argumentiert, dass es in Erftstadt aufgrund des hohen Lebensstandards keinen Bedarf für die Jugendarbeit wie in anderen Städten gibt. Expertinnen und Experten wissen aber, dass auch in Erftstadt Kinder und Jugendliche Sorgen und Nöte haben. Auch sie haben den gleichen Anspruch auf Unterstützung unserer Gesellschaft. Gleichsam ist die finanzielle Lage auch nicht so einheitlich, wie sie gerne dargestellt wird. Die städtische Jugendarbeit ist eine Pflichtaufgabe an der nicht gespart werden darf. Neben den Herausforderungen der aktuellen Zeit, hat der Bedarf durch die Pandemie und durch die Flut zugenommen. Wir sollten dabei nicht vergessen: Kinder und Jugendliche haben sich für die ältere Generation in der Pandemie zurückgenommen und dafür harte Einschnitte in ihrem Leben auf sich genommen. Die ältere Generation steht in ihrer Schuld.

Die städtische Jugendarbeit ist ein unverzichtbares Element, um Kinder und Jugendliche an politischen Prozessen zu beteiligen. Auch dazu haben sie ein Recht, das aktuell nicht geschützt wird.  

Bei den letzten Landtagswahlen haben viele junge Menschen extreme Parteien gewählt. Begründet wurde dies von einer Mehrheit der jungen Wähler auch damit, dass sie sich von der Gesellschaft nicht gesehen und gehört fühlen. Insbesondere rechtsextreme Parteien sind in den sozialen Medien aktiv, überzeugen mit einfachen Antworten und verführen zu menschenfeindlichen Haltungen. Unsere Jugendarbeit hat keine Ressourcen, um diesen gefährlichen Entwicklungen entgegen zu treten.

Die Mitglieder des Stadtjugendrings Erftstadt sind sich einig, dass die Politik und die Verwaltung in Erftstadt sich zur Jugendarbeit bekennen müssen. Wir sind uns einig, dass die Stadt Erftstadt ihre Aufgaben nicht nur nicht zurückfahren darf, sondern diese wieder ausbauen muss. Wir sind uns einig, dass die Stadt Erftstadt die ehrenamtliche Arbeit in der Jugendarbeit mehr wertschätzen und sich nicht gleichzeitig auf dieses Ehrenamt verlassen darf. Dies geht nur durch Mitarbeitende, die mit uns zusammen etwas auf die Beine stellen können. Wir sind uns einig, dass die Stadt Erftstadt die Mitarbeitenden der Jugendarbeit unterstützen muss, um engagierte Mitarbeitende nicht zu verlieren.

Wir sind uns einig, dass Rat und Verwaltung ihren Kurs korrigieren und den Fokus wieder auf die junge Generation richten muss.